Eier – wirklich regional? Verstärkte Untersuchungen in Folge des Fipronil-Skandals

Dr. Eva Annweiler, Dr. Norbert Martin, CVUA Freiburg

 

Eier mit Ei-StempelIm Zuge des Fipronil-Skandals im Sommer 2017 geriet die Herkunft von Eiern bei Verbrauchern noch stärker in den Fokus als zuvor. Betroffen vom Fipronil-Skandal waren vor allem die Niederlande als größter Eierimporteur nach Deutschland. Aber auch in Eiern aus anderen Ländern wie z.B. Belgien oder Italien und auch Deutschland wurden Fipronil-Rückstände festgestellt. Dies führte dazu, dass der regionale Ursprung frischer Eier für die Kaufentscheidung der Verbraucher verstärkt an Bedeutung gewann. Aus Sicht der Lebensmittelüberwachung stieg damit das Risiko, dass Eier fälschlicherweise als regionale Eier gekennzeichnet werden. Als Folge wurden Eier verstärkt bezüglich ihrer Herkunftsangaben kontrolliert.

 

Im Zuge der intensiven Kontrollen von Eiern, Erzeugerbetrieben und Packstellen durch die unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden fielen dabei vereinzelt Packstellen auf, die Konsumeier für Endverbraucher ungestempelt auslieferten. Dies ist rechtlich nicht zulässig. Eier dürfen eine Packstelle nur mit dem Aufdruck des Erzeugercodes verlassen.

 

Der Erzeugercode gibt Auskunft über die Haltungsart, das Ursprungsland - in Deutschland auch über das Bundesland - und den Erzeugerbetrieb (siehe Infobox). Durch den Erzeugercode-Stempel kann daher jedes einzelne Ei bis zum Erzeuger zurückverfolgt werden, vorausgesetzt, der aufgedruckte Stempel ist korrekt.

Der Erzeugercode auf dem Ei

Die zuständige Behörde (Landratsamt oder kreisfreie Stadt) weist den Legehennenbetrieben (Eier-Erzeugern) Erzeugercodes zu. Dabei werden die Anzahl der Hühnerställe und die Art der Legehennenhaltung berücksichtigt. Die Stempelung der Eier kann im Erzeugerbetrieb selbst oder extern in einer Packstelle erfolgen. Das EU-Vermarktungsrecht erlaubt, dass Eier ohne Anbringen eines Erzeugercodes vom Erzeugerbetrieb zu einer Eierpackstelle transportiert werden. Diese Regelung wurde getroffen, damit Erzeuger mit wenigen Legehennen keine großen Investitionen in Sortier-, Durchleuchtungs- und Stempelmaschinen tätigen müssen. Diese Dienstleistung übernehmen größere Betriebe mit vorhandener Infrastruktur. Betriebe, die eine Zulassung als Eierpackstelle haben (zuständige Behörde ist hier das Regierungspräsidium) fungieren überwiegend auch selbst als Eier-Erzeuger.

Nach dem Durchlaufen der Eierpackstelle sind die Eier nach Gewichtsklassen sortiert, mit dem Erzeugercode gestempelt und mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen, entsprechend den Bestimmungen der EU-Vermarktungsnormen. Dieser Prozess muss spätestens am 10. Tag nach dem Legen der Eier abgeschlossen sein.

Ei-Stempel mit ErläuterungenErzeugercode bei Eiern

einer Ziffer für die Haltungsform:
Der Erzeugercode setzt sich zusammen aus:
 Ziffer Haltungsart
 0 Bio-Haltung
 1 Freilandhaltung
 2 Bodenhaltung
 3 Käfig-, auch Kleingruppenhaltung
einem Länderkürzel, z. B.
 Länderkürzel Land
 DE Deutschland
 NL Niederlande
 AT Österreich
in Deutschland zudem das Bundesland, z. B.
 Ziffern Bundesland
 03 Niedersachsen
 08 Baden-Württemberg
 09 Bayern
einer Ziffernfolge für den Erzeugerbetrieb
      einschließlich der Stallnummer

Ein Fall aus der Lebensmittel-Überwachungspraxis: Eier verließen Packstelle ohne Stempelung

In einem Geflügelhof haben die Lebensmittelkontrolleure ein Transportfahrzeug angetroffen, in dem Eier zur Auslieferung an gewerbliche Weiterverkäufer bereitgestellt waren. Die Eier waren im betreffenden Betrieb mit Zulassung als Eierpackstelle zwar nach Gewichtsklassen sortiert worden, die obligatorische Stempelung mit dem Erzeugercode wurde jedoch unterlassen.

Bei den Belieferten handelte es sich ausnahmslos um Legehennenbetriebe, die selbst als Erzeugerbetriebe von Hühnereiern fungierten. Es bestand der Verdacht, dass diese Betriebe durch Anbringen des betriebseigenen Erzeugercodes ihr eigenes Sortiment „aufstocken“ bzw. „abrunden“ könnten und die Eier unzulässigerweise als eigenes Erzeugnis gegenüber dem Endverbraucher ausloben.

Diese Gefahr besteht auch bei fehlender Angabe des Lege- bzw. Mindesthaltbarkeitsdatums, da der Weiterverkäufer dann noch weitere „Steuerungsmöglichkeiten“ bei der eigenen Vermarktung erhält.

Neu entwickeltes Untersuchungsverfahren ermöglicht analytische Prüfung der Herkunftsangabe

Ein im Rahmen eines Forschungsprojektes neu entwickeltes Verfahren zur Überprüfung der Herkunft von Eiern mittels Stabilisotopen-Massenspektrometrie (IRMS) wurde bei insgesamt 122 Eierproben eingesetzt. Bei acht dieser Proben wurden Auffälligkeiten festgestellt. Aufgrund der umfangreichen Nachuntersuchungen sind die Gesamtermittlungen jedoch noch nicht abgeschlossen.

 

Besondere Aufmerksamkeit erlangte ein Fall mit doppelt gestempelten Eiern. Auf den betroffenen Eiern war sowohl der Aufdruck 3-NL-… als auch der Aufdruck 1-DE-08… vorhanden. Das heißt, auf ein und demselben Ei war sowohl der Hinweis auf Käfig- bzw. Kleingruppenhaltung mit dem Ursprung Niederlande als auch der Hinweis auf Freilandhaltung mit der Herkunft Baden-Württemberg aufgebracht. Die Ergebnisse der Stabilisotopenanalyse waren typisch für den Ursprung Niederlande, aber auffällig für eine Erzeugung in Baden-Württemberg, so dass davon auszugehen war, dass der Erzeugercode 3-NL-…zutreffend war.

Weitere Verdachtsfälle, bei denen Eier ungestempelt oder mutmaßlich falsch gestempelt vorgefunden wurden, konnten im Labor mit der Stabilisotopenanalyse bekräftigt werden. In anderen Fällen trug die Analytik zur Entlastung der entsprechenden Erzeuger oder Packstellen bei.

 

Untersuchungsmethode Stabilisotopen-Massenspektrometrie (IRMS)

Eier, aufgeschlagenUnsere Nahrung ist im Wesentlichen aus den chemischen Elementen Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel aufgebaut. Die genannten Elemente bestehen aus einer leichten und einer schweren Atomsorte (= Isotop) in einem bestimmten globalen Mischungsverhältnis, das aber ortsbedingt durchaus variieren kann. Diese geringfügigen Variationen der Stabilisotopenverhältnisse lassen sich sehr genau messen und erlauben Rückschlüsse auf Erzeugungsregionen, Rohstoffverwendung sowie Herstellungs- und Anbaumethoden.

 

Für die Beurteilung der Herkunftsangabe bei Eiern sind die Stabilisotopenverhältnisse von Wasserstoff und Sauerstoff charakteristische Untersuchungsparameter. Ergänzend dazu liefert die Untersuchung des Tränkewassers der Legehennen einen weiteren wichtigen Hinweis auf die Herkunftsregion und ggf. den Erzeugerbetrieb. Grund dafür ist, dass sich die Stabilisotopenverhältnisse des Tränkewassers in der Wasserfraktion des Eiklars widerspiegeln.

 

Die Beschaffung von authentischen Vergleichsproben als Beurteilungsgrundlage (Eier, Tränkewasser und ggf. Futter) erfolgt durch die Landesprüfer Baden-Württembergs sowie bundesweit durch die Überwachungskräfte der Länder des Sektors Eier und Geflügel. Durch die Analyse dieser authentischen Vergleichsproben wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes eine breite Datengrundlage geschaffen, die es ermöglicht, bestimmte Herkunftsregionen bei Eiern zu differenzieren und Handelsproben zu beurteilen. Unterschiede im Stabilisotopenverhältnis von Eiern aus Baden-Württemberg zeigen sich z.B. zu Eiern der produktionsstarken Regionen Nord-West-Deutschland sowie den Niederlanden.

 

 

Weitere Informationen

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Was bedeutet der Code auf dem Ei?

CVUAs Baden-Württemberg: Untersuchungen auf Herkunft und Echtheit

 

 

Artikel erstmals erschienen am 18.06.2018