Positiver Trend hält an – Nur wenig unerwünschte Stoffe in Weihnachtsgebäck

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Carmen Breitling-Utzmann, Dorothee Doludda

 

Alle Jahre wieder untersucht das CVUA Stuttgart Weihnachtsgebäck auf unerwünschte Stoffe wie z. B. Cumarin und Acrylamid. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der positive Trend der letzten Jahre fortsetzt. Von 51 untersuchten Proben überschritten nur 2 (4 %) den neuen Acrylamid-Richtwert. Die zulässige Cumarin-Höchstmenge wurde in keinem der 18 untersuchten Zimtsterne überschritten.

 

Foto: Weihnachtsgebäck auf einem Teller.

 

Acrylamid in Lebkuchen, Zimtsternen und Spekulatius

Acrylamid bildet sich aus den natürlich in Lebensmitteln vorkommenden Bestandteilen Asparagin und reduzierenden Zuckern (z. B. Glucose und Fructose), wenn Lebensmittel bei höheren Temperaturen und geringer Feuchtigkeit zubereitet werden. Diese Bedingungen sind unter anderem beim Frittieren und Backen von Lebensmitteln gegeben. Lebkuchen haben aufgrund ihrer Rezeptur (z. B. Glucose und Fructose aus Honig, Hirschhorn-Salz als Backtriebmittel) und Herstellungsbedingungen besonders viel Potential, Acrylamid zu bilden. Für überregionale Hersteller von feinen Backwaren wie z. B. Lebkuchen oder Keksen sind daher in der VO (EU) 2017/2158 (EU-Acrylamid-VO, siehe Infokasten) zahlreiche Minimierungsmaßnahmen aufgeführt, um den Acrylamid-Gehalt so niedrig wie möglich zu halten. Für Lebensmittelunternehmer, die als Einzelhändler tätig sind, oder den regionalen Einzelhandel direkt beliefern – z. B. also Bäcker auf handwerklicher Ebene – sind bislang nur wenige Minimierungsmaßnahmen für Brot und feine Backwaren festgelegt. Nichtsdestotrotz sind natürlich auch diese gehalten, im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes Acrylamid-Gehalte in Backwaren so weit wie möglich zu reduzieren und die in dieser Verordnung festgelegten Richtwerte einzuhalten.

 

Erfreulicherweise hält der Trend hin zu niedrigen Acrylamid-Gehalten in Lebkuchen und anderem Weihnachtsgebäck seit Jahren weiterhin an. Insgesamt wurden in den letzten Wochen 21 Proben Lebkuchen, 14 Zimtsterne, 11 Spekulatius und 5 Proben sonstiges Weihnachtsgebäck hinsichtlich des Gehalts an Acrylamid untersucht.

 

Wie aus Bild 1 zu entnehmen ist, lag der mittlere Acrylamid-Gehalt in Lebkuchen mit 66 µg/kg um Größenordnungen unter dem jetzt geltenden Richtwert von 800 µg/kg und sogar noch unterhalb des mittleren Gehalts bei Spekulatius (135 µg/kg). Lediglich in 2 Proben aus handwerklicher Herstellung lagen die Acrylamid-Gehalte mit 1000 µg/kg bzw. 2000 µg/kg über dem Richtwert. Dies bedeutet aber nicht, dass Lebkuchen aus handwerklicher Herstellung automatisch hohe Acrylamid-Gehalte aufweisen, die anderen 4 untersuchten Proben „Bäcker-Lebkuchen“ wiesen Gehalte zwischen 30 und 210 µg/kg Acrylamid auf, lagen also deutlich unterhalb des Richtwertes.

 

Zimtsterne enthielten neben erfreulich wenig Cumarin (siehe unten) auch vergleichsweise wenig Acrylamid. Von 14 untersuchten Produkten wies nur eine Probe einen Acrylamid-Gehalt über 100 µg/kg auf. Aber auch dieser sensorisch als sehr hart und trocken auffallende „Spitzenreiter“ lag mit 220 µg/kg Acrylamid deutlich unter dem Richtwert für Kekse und Waffeln von 350 µg/kg.

 

Bild 1: mittlere Acrylamid-Gehalte in Lebkuchen, Zimtsternen und Spekulatius (jeweils in µg/kg, berechnet wurde der Median).

Bild 1: mittlere Acrylamid-Gehalte in Lebkuchen, Zimtsternen und Spekulatius (jeweils in µg/kg, berechnet wurde der Median)

 

Von den untersuchten Spekulatiusproben überschritt keine den o. g. Richtwert. Interessanterweise gibt es jedoch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Proben: die heller gebackenen Butterspekulatius enthalten in der Regel deutlich weniger Acrylamid als andere Sorten.

Gänzlich unauffällig waren die 5 untersuchten Proben „sonstiges Weihnachtsgebäck“ wie z. B. Butter-S oder Ausstecherle: in keiner Probe dieser „Gutsle“ konnte Acrylamid bestimmt werden.

 

Infokasten

Verordnung (EU) 2017/2158 (EU-Acrylamid-VO)

Der unerwünschte herstellungsbedingte Stoff Acrylamid hat sich im Tierversuch nachgewiesenermaßen als mutagen und kanzerogen erwiesen. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erhöht die Prozesskontaminante Acrylamid potentiell das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen [1].

Seit dem 11.04.2018 ist die EU-Acrylamid-VO zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamid-Gehalts in Lebensmitteln in Kraft. Diese Verordnung verpflichtet Lebensmittelunternehmer dazu, bestimmte Verfahren anzuwenden, um den Acrylamid-Gehalt in besonders anfälligen Lebensmitteln so niedrig wie möglich zu halten. Hierfür wurden u.a. für Kartoffelchips, Pommes frites, Lebkuchen und Kaffee sogenannte Acrylamid-Richtwerte festgelegt, die durch die Anwendung der aufgeführten Minimierungsmaßnahmen erreicht werden sollen.

Wird ein Acrylamid-Richtwert überschritten, so führt dies nicht automatisch dazu, dass das betreffende Lebensmittel nicht mehr in den Verkehr gebracht werden darf. Vielmehr ist zu überprüfen, ob der verantwortliche Lebensmittelunternehmer die vorgesehenen Minimierungsmaßnahmen angewendet hat und hier ggf. noch nachsteuern muss. Je nach Art des Lebensmittelunternehmers (größere Hersteller, Franchise-Unternehmen oder Verkauf auf regionaler Einzelhandelsebene) sind in der EU-Acrylamid-VO unterschiedliche Minimierungsanforderungen aufgeführt.

 

Cumarin in Zimtsternen

Cumarin ist ein natürlicher Aromabestandteil von Zimt, welcher in verschiedenen Zimtsorten in unterschiedlichen Mengen enthalten ist. In größeren Mengen ist Cumarin in den sogenannten Cassia-Zimtsorten enthalten, während Ceylon-Zimtsorten nur geringe Mengen aufweisen. Wer den Cumarin-Gehalt in der privaten Weihnachtsbäckerei reduzieren möchte, sollte daher den weitaus weniger cumarinhaltigen Ceylon-Zimt verwenden.

 

In Tierversuchen konnte, bei Gaben von hohen Mengen über lange Zeiträume, eine kanzerogene Wirkung nachgewiesen werden. Für den Menschen gibt es derzeit jedoch keine Hinweise auf eine cumarinbedingte Tumorbildung [2]. Bei einem kleinen Anteil der Bevölkerung zeigt Cumarin allerdings eine lebertoxische Wirkung.

Aufgrund dieser Gefahr hat die EU im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 (EU-Aromen-Verordnung) für Cumarin in zimthaltigen Lebensmitteln Höchstmengen festgelegt. Für Zimtsterne ist ein maximaler Höchstgehalt von 50 mg Cumarin pro kg Backware erlaubt.

 

Wie in den Jahren zuvor hat das CVUA Stuttgart auch 2018 Zimtsterne auf ihren Cumarin-Gehalt untersucht. Insgesamt wurden 18 Proben analysiert. Der höchste ermittelte Cumarin-Gehalt lag auf dem Niveau der Höchstmenge von 50 mg/kg. Eine gesicherte Überschreitung der Höchstmenge konnte in keinem Fall festgestellt werden. Insgesamt wiesen 5 Proben (28 %) Cumarin-Gehalte über 30 mg/kg auf. 5 weitere Proben zeigten Cumarin-Gehalte zwischen 3 und 20 mg/kg. Bei den restlichen 8 Proben (44 %) konnte kein Cumarin nachgewiesen werden.

Im Mittel lag der Cumarin-Gehalt der 18 untersuchten Proben bei ca. 14 mg/kg. Seit Einführung der Höchstmenge im Jahr 2011 wurde vom CVUA Stuttgart lediglich eine Höchstmengenüberschreitung festgestellt.

 

Die EFSA und das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) haben für Cumarin einen TDI (tolerable daily intake = tolerierbare tägliche Aufnahme) von 0,1 mg/kg Körpergewicht abgeleitet [2]. Ein 70 kg schwerer Erwachsener könnte täglich ein halbes Kilo Zimtsterne mit einem mittleren Cumarin-Gehalt von 14 mg/kg verzehren, ohne diese tolerierbare Aufnahmemenge zu überscheiten. Die EFSA kommt in ihrer Stellungnahme vom 8. Juli 2008 außerdem zu der Auffassung, dass eine kurzfristige Überschreitung dieses TDI keine Auswirkungen auf die Gesundheit hat [3].

 

Aus Sicht des CVUA Stuttgart gilt somit weiterhin: bei üblichen Verzehrsmengen von Zimtsternen bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Cumarinaufnahme.

 

Quellen

[1] Scientific Opinion on acrylamide in food; EFSA Journal 2015; 13(6):4104

[2] Fragen und Antworten zu Cumarin in Zimt und anderen Lebensmitteln , Aktualisierte FAQ vom 27. September 2012

[3] Coumarin in flavourings and other food ingredients with flavouring properties, Scientific Opinion of the Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food (AFC), Adopted on 8 July 2008, The EFSA Journal (2008) 793, 1–15

 

Artikel erstmals erschienen am 19.12.2018