Immer glutenfrei? Untersuchungsreihe „glutenfreie“ Biere

Hans-Ulrich Waiblinger (CVUA Freiburg), Katharina Sommerfeld, Tabata Rajcic de Rezende (jeweils CVUA Karlsruhe)

 

Ob als Hirsebier oder nach deutschem Reinheitsgebot gebraut - besonders im Internet ist das Angebot „glutenfreier“ Biere beträchtlich. In einem Untersuchungsprogramm wurden Biere in Online-Testkäufen beschafft und gezielt auf Gluten überprüft. Das Ergebnis war erfreulich: Lediglich in einem von 35 untersuchten Bieren war Gluten nachweisbar. Aber auch in dieser Probe war der Grenzwert von 20 Milligramm pro Kilogramm nicht mit Sicherheit überschritten.

 

Peter Kraayvanger - Pixabay - verschiedene Biersorten

 

Infokasten

Kronkorken glutenfreier BiereLebensmittel, die als „glutenfrei“ angeboten werden, dürfen maximal 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm Lebensmittel enthalten. Etwa 0,3 Prozent der deutschen Bevölkerung leidet an Zöliakie (Synonym: Sprue), einer chronischen Erkrankung des Dünndarms.

 

Verursacht wird die Zöliakie durch Gluten, einem Getreideprotein. Glutenhaltige Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste müssen von Zöliakiepatienten lebenslang gemieden werden. Mittlerweile ist eine große Zahl „glutenfreier“ Produkte im Handel. Erkennbar sind sie am durchgestrichenen Ährensymbol.

Auswahl glutenfreier Biere

Knapp die Hälfte der untersuchten Biere war laut Deklaration in Belgien hergestellt, ein weiteres knappes Drittel in Deutschland. Der Rest verteilte sich auf die Herstellungsländer Österreich, Spanien und Tschechien (s. auch Abbildung).

 

Abbildung 1: Glutenfreie Biere, Herkunft

 

Getreidebasis der Biere

Glutenfreie Biere können auch gemäß dem deutschen Reinheitsgebot auf Basis von Gerste oder Weizen hergestellt werden. Da diese Getreidearten natürlicherweise Gluten enthalten, muss Gluten durch spezielle Behandlungsverfahren, z.B. enzymatische Behandlung, während des Brauprozesses entfernt werden. Alternativ werden glutenfreie Biere bzw. bierähnliche Getränke mit Getreidearten gebraut, die natürlicherweise kein Gluten enthalten, wie Hirse bzw. Sorghum oder Reis. Auch sogenannte Pseudogetreide wie Buchweizen werden verwendet. In der Abbildung ist die Getreidebasis der untersuchten Biere zusammengefasst.

 

Abbildung 2: Glutenfreie Biere, Getreidearten

Weitere Details zur Untersuchung

Bei der auf Gluten positiv getesteten Bierprobe (Gluten 22 Milligramm pro Kilogramm, Grenzwert unter Berücksichtigung der Toleranz nicht überschritten) handelte es sich um ein Bier auf Basis von Gerstenmalz, Reis und Hafer. Die Gluten-Gehalte aller übrigen „glutenfreien“ Biere lagen unter der Nachweisgrenze von ca. 5-10 Milligramm pro Kilogramm.

Bei der verwendeten Untersuchungsmethode handelte es sich um ein sogenanntes kompetitives ELISA-Verfahren, welches eine spezifische Antigen-Antikörper-Reaktion als Grundlage hat. Das eingesetzte kommerzielle Verfahren ist speziell auf Verarbeitungsprodukte wie Biere optimiert, da durch den Verarbeitungs- und Brauprozess die nachzuweisenden Proteine einen gewissen Abbau erfahren. Obwohl sie weiterhin Zöliakie-relevant sein können, werden sie durch herkömmliche ELISA-Tests u.U. nicht mehr erfasst.

 

Zum Vergleich wurden auch herkömmliche Biere stichprobenartig mit dem beschriebenen Verfahren auf Gluten untersucht. 2 Weizenbiere enthielten mehr als 270 Milligramm Gluten pro Kilogramm, 4 weitere Biere (davon 3 nach Pilsener Brauart) enthielten ca. 50 bis 80 Milligramm Gluten pro Kilogramm.

 

Bemerkenswert war, dass ein Großteil der per Testkauf erworbenen glutenfreien Proben Kennzeichnungsmängel aufwies. Dies war sowohl im Fernabsatz (Internetseite) als auch in der Kennzeichnung der Proben selbst (Verpackung) festzustellen.

 

Infokasten

Zu Lebensmitteln, die im Fernabsatz, z.B. über das Internet vertrieben werden, müssen gemäß Lebensmittelinformationsverordnung bereits vor dem Kauf bestimmte Informationen vorhanden sein. Dies sind im Falle von Bier in der Regel [1]:

  • Bezeichnung
  • Zutatenverzeichnis
  • Allergene
  • Nettofüllmenge
  • Name oder die Firma sowie Anschrift des Herstellers
  • Alkoholgehalt

 

Alle diese verpflichtenden Informationen müssen für in Deutschland vermarktete Produkte in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt werden.

 

[1] Die Inhalte stellen eine verkürzte Zusammenfassung der rechtlichen Vorgaben dar und sind nicht rechtsverbindlich

 

Weitere Informationen

Allergene in Lebensmitteln

Lebensmittelkennzeichnung im Fernabsatz

Bildnachweis

pixabay

CVUA Freiburg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 20.12.2017