Obstsalate und vorzerkleinertes Obst als Convenience-Produkte: ein Trend und sein mikrobiologisches Risiko

Dr. Petra Tichaczek-Dischinger

 

Frische Obstsalate und mundgerecht zubereitetes Obst in formschönen Kunststoffschälchen präsentieren sich den Verbrauchern in den Kühleinrichtungen der Filialen zahlreicher Einzelhandelsketten und Discounter ebenso wie bei Bäckereien und Konditoreien, welche ihrer Kundschaft diese Produkte als appetitlichen, gesunden und erfrischenden Snack für Zwischendurch anbieten. Doch wie steht es um die mikrobiologische Beschaffenheit dieser vorzerkleinerten, leicht verderblichen, sensiblen Lebensmittel? Kann der Verbraucher das Potpourri der leckeren, vitaminreichen Fruchtstückchen ohne Vorbehalt genießen?

 

Obstsalate als Convenience-Ware

Lebensmittelproduzenten haben in den vergangenen Jahren die Bedeutung fertig zubereiteter Obstsalate aus frischen Früchten als Marktlücke erkannt. Diese Produkte erfreuen sich großer Beliebtheit, die Verbraucher müssen nicht jede Obstsorte einzeln erwerben, sondern können auf diese Art und Weise vielfältige Obstvariationen unkompliziert genießen. Die Zusammensetzung von Obstsalaten kann variieren, wobei die Fruchtsorten Ananas, Apfel, Erdbeeren, Heidelbeeren, (Honig- und/oder Wasser-) Melonen, Orangen und Weintrauben häufig, aber mit unterschiedlichen Gewichtsanteilen vertreten sind (Abbildung 1).

 

Abb. 1: Obstsalat aus frischen Früchten (Foto: E. Hiller, CVUA Stuttgart)

 

Bakterielles Risiko

Die sehr süßen Früchte sind ein idealer Nährboden für Mikroorganismen, die die in Form von Fruchtzucker enthaltenen Kohlenhydrate zur Vermehrung nutzen können.

Problematisch ist bei geschnittenem Obst, dass das Fruchtfleisch nicht mehr wie bei einer unversehrten Frucht durch die Schale als natürlicher Barriere vor mikrobiellen Kontaminationen geschützt ist. Zudem werden ursprünglich auf der Schale der Frucht befindliche Mikroorganismen während der Zubereitung der Obststücke gleichmäßig entlang der Schnittflächen auf der vergrößerten Oberfläche der Obstwürfel verteilt. Dort kann durch das Schneiden des Fruchtfleisches aus verletzten Zellen Zellsaft ungehindert austreten. Die darin enthaltenen Kohlenhydrate können die Mikroben somit umgehend verstoffwechseln und zur Vermehrung nutzen.

 

Mikrobiologische Untersuchungen am CVUA Stuttgart

In den Jahren 2016–2018 wurden am CVUA Stuttgart 63 Obstsalate und teils sortenreines vorzerkleinertes Obst mikrobiologisch untersucht. Die Untersuchungen erfolgten üblicherweise direkt nach der Anlieferung der Proben im CVUA Stuttgart, unabhängig davon, welches Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum auf dem jeweiligen Gebinde angegeben war. Ziel der Untersuchungen war eine qualitative und quantitative Statuserhebung des Vorkommens von typischen Verderbnis- und Krankheitserregern in den entsprechenden Obstprodukten. Bei Bedarf wurden die vorgelegten Lebensmittelproben auch kennzeichnungsrechtlich bewertet.

 

Zu den relevanten Verderbniserregern von Obst zählen vor allem Pseudomonaden, Aeromonaden, Milchsäurebakterien, Hefen und Schimmelpilze. Als Hygieneindikatorkeime gelten Enterobacteriaceae; Escherichia coli ist der Indikatorkeim für fäkale Verunreinigungen. Als pathogene Mikroorganismen sind Salmonellen, Listeria monocytogenes, Bacillus cereus, Staphylococcus aureus und Clostridium perfringens in Betracht zu ziehen. Gemäß der Empfehlung der Ständigen Arbeitsgemeinschaft Mikrobiologische Richt- und Warnwerte für Lebensmittel der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM e.V.) wurden die dort zur Beurteilung von geschnittenem und abgepacktem Obst publizierten Richt- und Warnwerte zur Bewertung der mikrobiologisch untersuchten Proben herangezogen [1]. Die entsprechenden Werte sind in Tabelle 1 aufgeführt.

 

Tab. 1: Richt- und Warnwerte der DGHM für geschnittenes und abgepacktes Obst (Stand 2011)

 

Richtwert (KbE*/g)
Warnwert (KbE*/g)
Aerobe mesophile Koloniezahl
1 x 107
---
Enterobacteriaceae
1 x 104
1 x 105
Escherichia coli
1 x 102
1 x 103
Hefen
1 x 105
---
Koagulase-positive Staphylokokken
1 x 102
1 x 103
Schimmelpilze
1 x 103
---
Salmonellen
---
n.n.** in 25 g
Listeria monocytogenes
---
1 x 102

* KbE: Kolonie-bildende Einheit
** n.n.: nicht nachweisbar

 

Die Ergebnisse und deren Bewertung

Eine Übersicht über die Verteilung der Keimgehalte der typischen Verderbs- und Indikatororganismen für Obstsalate (Tabelle 1) der insgesamt 63 mikrobiologisch untersuchten Proben zeigt Abbildung 2.

 

Abb. 2: Graphische Darstellung der Gehalte an Verderbs- und Indikatororganismen in der jeweiligen Anzahl der untersuchten Proben Obstsalat in Kolonie-bildenden Einheiten (KbE/g); L. monocytogenes war in einer von 63 Proben qualitativ in 25 g Lebensmittel nachweisbar.

Abb. 2: Graphische Darstellung der Gehalte an Verderbs- und Indikatororganismen in der jeweiligen Anzahl der untersuchten Proben Obstsalat in Kolonie-bildenden Einheiten (KbE/g); L. monocytogenes war in einer von 63 Proben qualitativ in 25 g Lebensmittel nachweisbar.

 

Sechs der 63 untersuchten Obstsalate bzw. des vorzerkleinerten sortenreinen Obstes wurden aufgrund erhöhter Gehalte an Verderbsorganismen beanstandet, das entspricht einer Beanstandungsquote von 9,5 %. In Abbildung 3 ist dargestellt, dass 90,5 % der Obstsalate mikrobiologisch unbedenklich waren.

 

Abb. 3: Prozentualer Anteil beanstandeter und mikrobiologisch unbedenklicher Proben.

Abb. 3: Prozentualer Anteil beanstandeter und mikrobiologisch unbedenklicher Proben

 

Bei allen sechs beanstandeten Proben waren Enterobacteriaceae in Koloniezahlen über dem von der DGHM für geschnittenes Obst vorgeschlagenen Warnwert nachweisbar, in zwei Fällen war der Warnwert um mehr als das 100-fache überschritten. Bei vier dieser sechs Proben waren auch die Richtwerte für die aerobe mesophile Koloniezahl und Hefen überschritten (Abb. 4). Neben den bei der DGHM-Kommission gelisteten Indikatorkeimen waren bei den zu beanstandenden Proben zudem auch Pseudomonaden, Aeromonaden und Milchsäurebakterien in großer Menge nachweisbar, die als weitere Verderbsorganismen gewertet werden.
Außerdem war bei einer der Proben der pathogene Keim Listeria monocytogenes in 25 g der Obstmischung in sehr geringer Menge qualitativ nachweisbar, diese mikrobielle Belastung gilt als noch unbedenklich.
Die Untersuchungsergebnisse der sechs beanstandeten Proben verdeutlichen allerdings die Frischeeinbußen dieser vorzerkleinerten Fruchtmischungen, was in dem Verdacht mündet, dass im Rahmen der Herstellung, Behandlung oder des Inverkehrbringens grundlegende Hygieneregeln nicht beachtet wurden.

 

So sprechen die in den beanstandeten Proben nachgewiesenen Keimzahlen dafür, dass während der Herstellung entweder eine überproportionale Verunreinigung der Fruchtstücke mit Keimen stattgefunden hat, und/oder dass die Keime sich nach der Produktion während der Lagerung der Obstsalate bis zur Untersuchung der Proben noch vermehren konnten.

 

Abb. 4: Graphische Darstellung der Anzahl beanstandeter Proben mit Verderbs- und Indikatororganismen.

Abb. 4: Graphische Darstellung der Anzahl beanstandeter Proben mit Verderbs- und Indikatororganismen

 

Ein Zusammenhang zwischen den festgestellten Keimgehalten und den auf den Gebinden ausgewiesenen Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdaten konnte im CVUA Stuttgart nicht festgestellt werden. Ein solches Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum liegt ab der Herstellung des Obstsalates unter Einhaltung der Kühlvorschriften meist vier bis fünf Tage in der Zukunft. Da aufgeschnittenes Obst jedoch grundsätzlich zu den leicht verderblichen Lebensmitteln zählt, rät das CVUA Stuttgart, ein entsprechendes Produkt sobald wie möglich nach dem Kauf zu verzehren.

 

Beanstandungsgrundlagen

Die Beanstandungen erfolgten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 [2] über Lebensmittelhygiene sowie der nationalen Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) [3]. Alle Proben waren noch zum Verzehr geeignet.

Gemäß Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu erfüllen.

 

Gemäß Kap. IX Nr. 2 von Anhang II sind Rohstoffe und alle Zutaten, die in einem Lebensmittelunternehmen vorrätig gehalten werden, so zu lagern, dass ein Schutz vor Kontamination gewährleistet ist. Gemäß Kap. IX Nr. 3 von Anhang II sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.

 

Nach § 3 Satz 1 der LMHV dürfen Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung (z. B. durch unerwünschte Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche, Temperaturen oder andere negative Beeinträchtigungen) nicht ausgesetzt sind.

 

Außerdem wurden bei zwei der mikrobiologisch auffälligen Proben auch kennzeichnungsrechtliche Mängel festgestellt und entsprechend beurteilt.

 

Fazit

Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen von als Fertigprodukt in den Kühltheken angebotenen Obstsalaten bzw. verzehrfertigen sortenreinen Fruchthäppchen zeigen, dass ein Verzehr dieser Convenienceprodukte bedenkenlos möglich ist. Pathogene Keime waren nur in Ausnahmefällen und in so geringer Menge nachweisbar, dass die Produkte dennoch als unbedenklich eingestuft wurden. Bei den Mikroorganismen, die zu den beschriebenen Beanstandungen der untersuchten Proben geführt hatten, handelte es sich ausschließlich um Verderbs- und Hygieneindikatorkeime, die in weniger als 10 % der Obstsalate in zu großer Menge nachgewiesen worden waren. Diese sechs Lebensmittelproben waren vom CVUA Stuttgart als nachteilig beeinflusst beurteilt worden, die Verkehrsfähigkeit der Obstsalate bzw. geschnittenen sortenreinen Fruchtstücke war jedoch bei jeder Probe gegeben gewesen.

 

Grundsätzlich gilt, dass frisch gekauftes, sauberes und direkt vor dem gewünschten Verzehr mit einem gereinigten Messer aufgeschnittenes Obst immer noch die sicherste Möglichkeit ist, um ein mikrobiologisch einwandfreies Produkt genießen zu können. Die Untersuchungsergebnisse des CVUA Stuttgart zeigen allerdings auch, dass die handwerkliche und die industrielle Herstellung von Obstsalaten grundsätzlich kein Risiko birgt und sich diese erfrischenden, abwechslungs- und vitaminreichen Fruchtmischungen als leckere, gesunde Zwischenmahlzeit eignen.

 

Quellen

[1] Empfehlung der Ständigen Arbeitsgemeinschaft Mikrobiologische Richt- und Warnwerte für Lebensmittel der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM e.V.)

[2] Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 219/2009 vom 11. März 2009 (ABl. L 87/109)

[3] Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 3. Januar 2018 (BGBl. I S. 99)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 05.03.2019