Thunfisch nach Art „Badisches Schäufele”

Dr. Timo Höwing, Dr. Elke Müller-Hohe (beide CVUA Freiburg), Dr. Manfred Möllers (CVUA Karlsruhe)

 

Thunfisch ist neben Lachs, Alaska-Seelachs und Hering einer der bedeutendsten Speisefische in Deutschland [1, 2]. Hierbei werden im deutschen Handel vorzugsweise die Arten „Echter Bonito“ (Katsuwonus pelamis) als Konservenprodukt sowie überwiegend „Gelbflossen-Thun“ (Thunnus albacares) und selten „Roter Thun“ (Thunnus thynnus) im rohen Zustand tiefgefroren oder frisch angeboten [3].

 

Thunfischfilets

 

Ende 2016 wurde über die Europäische Kommission mitgeteilt, dass umgeröteter Thunfisch auf dem europäischen Markt im Umlauf sei. Hierbei besteht der Verdacht, dass Thunfisch mit einem grauen bis braunen Fleischfarbton durch die nicht rechtskonforme Verwendung von Zusatzstoffen in einen roten Fleischfarbton zurückgeführt wird [4, 5]. Frisches Thunfischfleisch hat natürlicherweise einen roten Farbton, der jedoch bei Luftkontakt und/oder längerer Tiefkühllagerung zunehmend bräunlich wird und für den Verbraucher subjektiv ein wichtiges Frische- und Qualitätsmerkmal beim Einkauf darstellt [6, 7].

 

Seit Ende 2016 und im Jahr 2017 analysierten daher die Untersuchungsämter 56 Thunfischproben aus dem Einzel- und Großhandel, die überwiegend in MAP-Verpackungen (Schutzgasatmosphäre) sowie als lose Ware erhoben wurden. Insgesamt wurden 24 Proben beanstandet, wovon 17 Proben ein umgerötetes Fischfleisch und deutliche Abweichungen in der sensorischen Beschaffenheit aufwiesen. Im durchgegarten Zustand waren ein würzig-pökeliger Geruch und/oder ein würzig-pökeliger bis salziger Geschmack sowie eine gleichmäßige rosa Färbung der Anschnittfläche des Fischfleisches feststellbar (s. Abbildungen). Das wahrnehmbare Pökelaroma und die gleichzeitige rosa Färbung nach Durchgaren der 17 Proben sind typische Merkmale für umgerötete Erzeugnisse, wie z.B. für die Pökelwaren badisches Schäufele und Schweinekassler (s. Infokasten: Umrötung).

 

Die hier beschriebenen Produkte wurden, soweit sie verpackt vorgelegt wurden, mit Bezeichnungen wie „Thunfischfilet, portioniert, küchenfertig verarbeitet, leicht vorgewürzt, vorgesalzen, aufgetaut“ oder „Thunfischfilet, vorgesalzen, küchenfertig, aufgetaut“ in Verkehr gebracht, die die Art der Abweichung von unbehandeltem Thunfisch nicht erkennen lassen. Neben Kochsalz waren in der Zutatenliste die Zusatzstoffe Ascorbinsäure, Rosmarinextrakt und Citronensäure angegeben. Durch den Zusatz dieser Zusatzstoffe soll einerseits die Haltbarkeit verbessert werden. Andererseits wird durch diese die Umrötung durch die Umsetzung der eingesetzten nitrit- und/oder nitrathaltigen Zusatzstoffe zu Stickstoffmonoxid im Thunfischfleisch verstärkt und gleichzeitig werden Nitrite und/oder Nitrate dadurch abgebaut, sodass deren Nachweis erschwert wird [4, 7]. „Offene Ware“ war dagegen immer wie unbehandelter Frischfisch ohne einen Hinweis auf die Behandlung und weitere Zutaten im Handel.

 

Die üblicherweise zur Umrötung eingesetzten nitrit- und/oder nitrathaltigen Zusatzstoffe (s. Infokasten: Umrötung) wurden in den meisten der beanstandeten Proben in geringen Mengen nachgewiesen. Der Einsatz dieser Zusatzstoffe ist in Thunfisch gemäß VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht zulässig.

 

Die Umrötung und die damit zusammenhängenden sensorischen Eigenschaften sowie der meist erhöhte Gehalt an Nitrat im Endprodukt lassen sich derzeit nur durch die Anwendung von unzulässigen nitrit- oder nitrathaltigen Zusatzstoffen und nicht durch die übrigen deklarierten Zutaten und Zusatzstoffe erklären.

Umrötung

Die Umrötung ist eine chemische Reaktion von Myoglobin mit Stickstoffmonoxid beim Pökeln von Fleisch bei der Herstellung von Wurst und Fleischerzeugnissen. Es werden u.a. die hierfür zulässigen Zusatzstoffe Nitrite (Kaliumnitrit E 249, Natriumnitrit E 250) in Form von Nitritpökelsalz und Nitrate (Natriumnitrat E 251, Kaliumnitrat E 252) eingesetzt. Diese Zusatzstoffe werden im Fleisch zu Stickstoffmonoxid umgesetzt, welches mit dem hitzelabilen roten Farbstoff des Muskels Myoglobin reagiert. Dabei entsteht der hitzestabile rote Farbstoff Nitrosomyoglobin (Umrötung), der nach Erhitzen eine stabile charakteristisch hellrosa Farbe aufweist. Hierbei werden die eingesetzten nitrit- und/oder nitrathaltigen Zusatzstoffe im Zuge der Umrötung und weiterer Nebenreaktionen größtenteils umgesetzt. Im Endprodukt sind in der Regel nur noch Restgehalte an Nitrat nachweisbar, die überwiegend aus der Oxidation von nicht umgesetztem Nitrit stammen [8, 9, 10].

 

Abbildungen:

Vergleich unbehandelte/behandelte Thunfischfilets

 

Unbehandelter Thunfisch (A) ist im rohen Zustand für den Verbraucher kaum von behandeltem Thunfisch (B) zu unterscheiden.

 

 

 

  

Auch im durchgegarten Zustand sehen der unbehandelte (C) und behandelte Thunfisch (D) äußerlich sehr ähnlich aus.

 

 

  

 

 

Optisch wird der Unterschied erst im Anschnitt deutlich sichtbar: der behandelte Thunfisch (F) weist die für umgerötete Wurst und Fleischerzeugnisse charakteristische rosa Färbung auf. Der unbehandelte Thunfisch (E) besitzt dagegen eine bis in den Kern durchgehende graue Färbung.

 

 

Literatur

[1] Fischinformationszentrum e.V. (FIZ): http://www.fischinfo.de/index.php/markt/datenfakten/4856-marktanteile-2017

[2] Fischmagazin 3/2017, C10152E

[3] Fischmagazin 1/2017, C10152E

[4] Sitzung KOM-AG „Veterinärrecht - Lebensmittelhygienerecht“ am 14.12.16: „Illegale Thunfisch-Behandlung basiert auf nicht rechtskonforme Verwendung von Zusatzstoffen bei nicht angemessener Verwendung von Rohmaterial“

[5] AAC AA 2017-034: Meldung über das Amtshilfeverfahren mit Kontrolltipps zum Erkennen von illegal behandeltem Thunfisch: Information zur Aktualisierung zum Fall AAC: FF 2017/001 mit dem Geschäftszeichen: 104.14310.0.2017.5.001.

[6] Fischmagazin 3/2018, C10152E

[7] OPSON VII (2017/2018) - Betrug bei Thunfisch europaweit im Fokus

[8] Eisenbrand, G., Schreier, P., RÖMPP Lexikon Lebensmittelchemie, 2. Völlig überarb. und erweiterte Auflage, 2006

[9] Belitz, H.-D., Grosch, W., Schieberle, P., Lehrbuch der Lebensmittelchemie, 5. vollst. überarb. Aufl., 2001

[10] Möhler. K und Scheerer, C. Z. Lebensm. Unters. Forsch. 168, 381-388 (1979)

 

 

Bildnachweis

CVUA Freiburg, CVUA Karlsruhe

 

 

Artikel erstmals erschienen am 04.07.2018